Sonntag, 26. Juni 2016

Von Ulan Bator nach Hohhot (17.6.-19.6.)

Am Freitagabend verabschiede ich mich von Ursula, Batscha und Ulan Bator und mache mich auf den Weg nach China. 

Die Fahrt erscheint mir eeeendlos: ab ca 8:00 steht der Zug erst 3 Stunden in der mongolischen Grenzstadt, fährt dann die paar Kilometer ins chinesische Erlian, wo dann die Einreiseformalitäten abgewickelt werden (sehr schnell und unkompliziert). Dann geht's ab in die Werkstatt: Spurweite des Zugs umstellen, wir verlassen ja jetzt das “russische Netz“. Und die Uhr wird auch noch eine Stunde zurückgestellt, da China keine Sommerzeit hat.
(apropos Sommerzeit: es ist mittlerweile ziemlich warm geworden -besonders angenehm in einem stehenden Zug ohne Klimaanlage ;-) gut, daran werde ich mich wahrscheinlich gewöhnen müssen, aber der Temperatur-Unterschied in den letzten Tagen war nicht wenig!)
Nach ca 7 Stunden an der Grenze geht's endlich weiter durch die chinesische Provinz Innere Mongolei. Die Landschaft bleibt erst unverändert: Wüste, mittendrin ein riesiger Windparks,

und allmählich wird's etwas grüner und hügeliger.

Bei der Ankunft in Hohhot habe ich das Gefühl, dass es mich schlagartig mindestens 50 Jahre in die Zukunft katapultiert: raus aus einem 60er Jahre Russen-Waggon rein in einen Bahnhof, der aussieht und funktioniert wie ein Großstadt-Flughafen!!!

Jaaaa, und dann gönne ich mir ja in Hohhot zum ersten Mal seit meiner Abreise vor mittlerweile über 8 Wochen eine richtig niveauvolle Unterkunft - wie in meinem früheren Business-Kasper-Leben ;-)

Nicht weit von hier liegt ja das historische Xanadu, der Endpunkt von Marco Polo's Reise, ein “ultimate pleasure place“, und genau so fühlt es sich hier gerade auch für mich an!! :-)

Nach ausgiebiger Nutzung eines himmlischen Betts, meiner eigenen Plansch-Oase und eines feudalen Frühstücksbuffets folgen die administrativen Dinge für meine weitere China-Reise: Geld besorgen, Zugtickets holen, SIM Karte für's Handy kaufen, weitere Unterkünfte buchen. Alles absolut problemlos, ausser dem Zugang zu meinem gmx-Konto (seeehr mühsam). Daran hätte ich auch früher denken können, dass die chinesische Zensur unter anderem sämtliche Google-Produkte (inklusive Maps, Google Player, Blogger, etc) nicht so mag... Da somit auf meinem Android Smartphone ausser Whatsapp und manchmal mailen fast gar nichts mehr geht, muss also auch ein kostenpflichtiges VPN her.

Am Nachmittag besichtige ich, was es in Hohhot zu sehen gibt: es ist eine interessante Mischung aus (Han-)chinesischer, mongolischer und islamischer Kultur. Ganz so schlimm wie man mir diese Stadt beschrieben hatte, ist sie bei Weitem nicht, aber ein Tag ist auch ausreichend, um sich umzusehen.

Grosse Moschee und Islamisches Viertel:




Wuta Pagode, Da Zhao Kloster und Stadtpark:





Und am Abend nehm ich den Nachtzug weiter nach Xi'An.

Xi'an (20.6.-24.6.)


Bei meiner Ankunft in Xi'An, der ehemaligen Hauptstadt des Chinesischen Kaiserreichs und Start- bzw Endpunkt der Seidenstraße, trifft mich als Erstes mal fast der Hitzeschlag: 36 Grad im Schatten ist etwas heftig, zumal ich eine Woche zuvor noch in der Mongolei bei Temperaturen knapp über Null im Zelt übernachtet habe...
Hier und jetzt ist jedenfalls RICHTIG Sommer, und man gewöhnt sich auch schnell daran, dass man halt einfach den ganzen Tag klatschnass vor lauter Schwitzen herumrennt :-))
Abkühlung verschaffen mir Kaffee-Pausen bei Starbucks und Häagen Dazs, diverse Busfahrten sowie die erste Nacht im Hostel, wo einer meiner Zimmerkollegen (aus Kanada...) zum Schlafen die Klimaanlage auf 16 Grad gestellt haben muss....

Die Stadt selbst bietet eine ganze Reihe an touristischen Sehenswürdigkeiten:
Glockenturm und Trommelturm



Große Wildgans-Pagode (sensationelle Atmosphäre am Abend bei Wasser- und Licht-Spiele mit Musik und chinesischem Line Dancing ;-))

Große Moschee (eine riesige, gartenartige Tempelanlage ganz in chinesischem Stil)

Und das moslemische Viertel, wo am Abend so richtig der Bär los ist:




Das Essen ist ein absolutes Highlight: Nudeln wurden ja hier erfunden und erst von Marco Polo & Co nach Italien exportiert. Die Vielfalt an Nudelgerichten ist unglaublich, und eines schmeckt besser als das andere! (... wenn das so weitergeht komme ich mit 10kg mehr nach Hause!)

Etwas ausserhalb der Stadt liegt der wohl stärkste Tourismusmagnet: die Ausgrabungs- und Ausstellungsstätte der Terrakotta-Armee. 7000 lebensgroße Tonfiguren von Kriegern in Kampfaufstellung, mit Waffen, Streitwägen und Pferden wurden Kaiser Qin Shi Huang mit auf den Weg ins Jenseits gegeben, 700.000 Menschen haben 37 Jahre lang daran gearbeitet, und mindestens die Hälfte davon wurde danach getötet...
In Anbetracht der sich durchschiebenden Besuchermassen ist richtiges Genießen zwar schwierig, aber es ist schon ein besonderes, erhebendes Gefühl an diesem Ort zu sein!!!




Ein weiterer beliebter Ort 120km ausserhalb von Xi'An ist Hua Shan Mountain, einer der 5 heiligen Berge des Taoismus. Anfangs habe ich noch müde gelächelt über den Slogan am Eintrittsticket -“es gibt immer einen höheren Berg ...Hua Shan“ - doch am Ende des Tages muss ich als gelernte Österreicherin, die doch schon ein bisschen in den Alpen herumgekommen ist, echt bestätigen, dass das ein sehr beeindruckender, faszinierender Berg ist, da das Massiv mit extrem hoch und steil abfallenden Wänden in der Landschaft steht, plus dem, was Menschen hier seit Hunderten Jahren reingebaut haben.



Im Schlepptau von vier netten chinesischen Studenten ging's erst mit einer Doppelmayr-Seilbahn an den Nordgipfel und dann in ca fünf Stunden über 5 Gipfel rund ums ganze Massiv mit seinen sicher 1500m abfallenden Steilwänden, vorbei an vielen Tempeln und Photo-Points.







Und last but not least geht's am Ende vom Westgipfel wieder hinunter mit einer (französischen) Seilbahn, wo die Talfahrt zwar satte 25EUR kostet, aber von der Spektakularität der Seilbahn her sicher zu Besten gehört, das ich je gesehen habe (Klein-Matterhorn inklusive!!)

Mein Fazit nach 4 Tagen in und um Xi'An: absolut empfehlenswert, sollte man gesehen haben in China!

Donnerstag, 16. Juni 2016

Westmongolei und Rückfahrt nach Ulan Bator (6.6. - 16.6.)

Bei abendlichen Regen kommen wir in Ölgii an, und das Straßenbild hat sich nun etwas verändert: hier stellen die Kasachen den Großteil der Bevölkerung, Frauen tragen (ein sehr lose geschlungenes) Kopftuch, einige Männer Bärte und es gibt Moscheen.
Die russische Grenze ist in weniger als 100km über eine gute Straße erreichbar, und dadurch kostet der Diesel gleich mal ein Drittel weniger als im Rest der Mongolei, und insgesamt ist das Warenangebot russischer/reicher.

Am nächsten Tag geht's gleich weiter zum Altai Tavan Bogd Nationalpark.


Die Flussquerungen werden immer abenteuerlicher:

Am Eingang zum Nationalpark wird das Zelt aufgeschlagen, ein Grenzsoldat kontrolliert Pass und unsere Genehmigung für das Grenzgebiet.

Am nächsten Tag steht ein Ausflug an den Ca 10km entfernten Gletscherrand der Altai-4000er am Programm. Da einige Bäche zu überqueren sind, die für meine kurzen Beine einfach zu breit zum Überqueren “trockenen Fusses“ sind, muss ich Pferdeskeptikerin meinen ganzen Mut zusammen nehmen und mich wohl oder übel auf ein Pferd setzen ;-)

Gottseidank geht alles gut, und ich komme mit einer kleinen Fleisswanderung bis auf 3000m, den bisher höchsten Punkt meiner Reise, hinauf.

Der bislang höchstgelegene Zeltplatz folgt am übernächsten Abend auf der Rückfahrt Richtung Osten, auf 2725m am Fuß des Tsambaragav Uul - leider kein Foto-Wetter, sondern Regen und Wind... :-(

Weiter geht's dann durch den südwestlichen Bezirk Gobi-Altai

zurück in die Zentralmongolei, mit Zwischenstopps zB an einer Höhle mit 40.000 Jahre alten Wandmalereien, dem “Bleistiftfelsen“, dem Orkhon Wasserfall, Mongol Els

und dem Khustain Nationalpark.


In der Gegend des Orkhon Wasserfalls wird's dann nochmal spannend: es regnet stark (mit Gewitter und Hagel), die Flüsse werden immer schwieriger zu überqueren und die Brücken immer desolater.


Aufgrund des sintflutartigen Wetters und einer nicht passierbar Brücke...


... gibt's wieder eine ungeplante mongolische Herbergssuche, und ein älteres Ehepaar stellt ihre Jurte zur Verfügung.


Es folgen Feuermachen, gemeinsames Essen, Tee und Wodka trinken und Anzünden einer Kerze am Hausaltar, in deren Schein ich fein geborgen einschlafen darf. ... Während schräg ober mir  Teile eines ein paar Tage zuvor geschlachteten Tiers (Schaf? Ziege?) zum Lufttrocknen hängen. Und der Kopf davon liegt vor Ursula's Bett am Boden ;-) (im Foto rechts unten) ...neben Klecksen von Tiermist, den bei dem Regenwetter-Gatsch draussen jeder zwangsläufig mit den Schuhen reinbringt....

Am nächsten Tag, als es zu regnen aufgehört hat, fahren wir mit einem Uralt-LKW zum Wasserfall: wegen der Flussquerung neben der zusammengebrochenen Brücke, die Batscha mit dem eigenen Jeep nicht riskieren will. Die Jungs, die DIESES Fahrzeug auf DIESEM Terrain handlen können, sind genial!

Auf unserer Weiterfahrt nach diesem Ausflug gibt's dann noch Live-Unterhaltung an einer Flussquerung, an der gut 2/3 der Fahrzeuge zumindest für's Erste scheitern:

Für uns läuft - Gott und Batscha sei Dank - alles ohne Probleme, und wir tauchen am 16.6. wieder in die “Zivilisation“ in Ulan Bator ein. Und als krönenden Abschluss (und absolutes Kontrastprogramm zu den letzten 25 Tagen) gibt's a Bierle in der Sky Bar im 23. Stock, wo gerade auch die Teilnehmer der Peking-Paris--Oldtimerrallye Station machen. ... auch eine schöne Reise! :-)