Dienstag, 22. November 2016

Battambang (10.-11.11.)

Meine erste (und einzige) Busfahrt in Kambodscha führt mich von Phnom Penh nach Battambang, der zweitgrößten Stadt Kambodschas. Und diese Busfahrt war um Welten besser als alle Fahrten in Laos! Und: nur zwei weitere westliche Gesichter im Bus, der Rest Einheimische.
Hauptgrund des Abstechers nach Battambang war der Bamboo Train, eine 6km lange Bahnstrecke, auf der extrem einfache Waggons (norries) verkehren: ein Holzrahmen mit Bambusstäben als Sitz- bzw Ladefläche, der einfach nur auf zwei hantelartige Laufradsätze gelegt wird, und das Ganze angetrieben von einem kleinen Motor! 😁 Gefahren wird auf Resten der von den Franzosen gebauten Bahnstrecken. Erfunden wurde das in den 1980er Jahren, um Lasten und Menschen in abgelegene Gebiete transportieren zu können, da nach dem Khmer Rouge Regime ja kein Bahnnetz mehr existierte....


25 km/h Maximalgeschwindigkeit habe ich gemessen 😊 Bei Gegenverkehr muss ein Norry ausweichen:


Der Zeitpunkt meiner Fahrt am späteren Nachmittag war jedenfalls gut gewählt:  Sonnenuntergang!!

Am nächsten Tag leiste ich mir ein Tuk-Tuk samt Fahrer, der nicht nur gut Englisch, sondern sogar noch ein paar Brocken Deutsch und Französisch spricht.

Ausserhalb der Stadt wird es schnell sehr ländlich, und ich bin erschrocken, unter welchen Bedingungen die Leute hier leben. Die meisten Häuser sind Hütten mit einer Grundstruktur aus Holz (auf Stelzen, durchschnittlich so 1m über dem Lehmboden), die meisten mit Dach und Seitenwänden aus Bambus.
Etliche Male sehe ich Schubkarren, die wirklich  ausschließlich aus Holz bzw Bambus gemacht sind, andere Arbeitsgeräte detto. Wasser wird in großen Tonbehältern neben dem Haus gelagert. Und: ich habe an wirklich keinem einzigen Haus in einem kambodschanischen Dorf eine Sat-Schüssel gesehen (in Laos waren es immerhin ein paar ganz wenige).
Vor lauter Schauen hab ich leider aufs Fotografieren vergessen, nur von einem Dorfmarkt hab ich ein paar Bilder:




Mein Fahrer zeigt mir mehrere Dörfer, u.a. eines in dem moslemische Kambodschaner leben - Frauen verschleiert - und alle möglichen Pflanzen: jetzt hab ich auch endlich geschnallt, wie aus einer Lotusblüte eine (essbare) Lotusfrucht wird,
... und wie Papaya- und Dragonfruit-Bäume aussehen.

Dann gibt es zwei kleine Hügel zu erklimmen, jeweils mit einem Tempel am Gipfel, und am zweiten komme ich der jüngeren kambodschanischen Vergangenheit nicht aus, da sie wirklich allgegenwärtig ist: hier wurden Tausende Menschen zunächst von den Roten Khmer im buddhistischen Tempel gefangen gehalten und dann in den Killing Caves getötet. Eine Höhle war nur für Babies und Kleinkinder, die andere für Erwachsene. Die Menschen wurden von den Soldaten mit Hämmern erschlagen (um Munition zu sparen...) und von oben in die Höhlen geworfen...




Und es folgt ein weiterer Programmpunkt: der Besuch einer Krokodil-Farm, auf die ich sehr gespannt bin, denn ich kann mich nicht erinnern, ob bzw wann ich schon mal ein Krokodil aus der Nähe gesehen habe.
Schon bei der Zufahrt komm ich ins Grübeln, da wir an etlichen Textilfabriken vorbei fahren, in denen wohl unter eher bescheidenen Arbeitsbedingungen Bekleidung und Sportschuhe für die westliche Welt gefertigt werden. Und in der Krokodil-Farm fällt es mir dann wie Schuppen von den Augen: nein, es ist kein "Streichelzoo a la Ponyhof", sondern eine Krokodil-Fabrik, wo hunderte Tiere in Betonbecken mit grausig aussehendem Wasser übereinander liegend dahinvegetieren, bis sie nach Vietnam oder Thailand verkauft werden, wo man ihnen die Haut abzieht, da manche Menschen meinen, diese für ihre Körperdekoration zu benötigen....


Krokodile sind zwar ziemlich furchteinflößende Viecher, aber so ein Dasein haben sie trotzdem nicht verdient!
Und mittendrin in dem Gelände wohnen die Familien der Angestellten:


Später an diesem Nachmittag mache ich noch einen ausgedehnten Spaziergang in der Stadt, wo es noch sehr viele hübsche Häuser aus der Kolonialzeit gibt.

Letzter Stop: der aufgelassene Bahnhof, hinter dem sich ein ziemliches Slum befindet, wo einen Kinder um Essen anbetteln...

Meine Zeit in Battambang war jedenfalls viel zu kurz, es gibt viel zu erkunden abseits der "Trampelpfade", und auf meiner Weiterfahrt nach Siem Reap - per Boot! - lerne ich eine Schwedin kennen, die hier als Lehrerin arbeitet und mir von verschiedensten internationalen Hilfsprogrammen v.a. für die Menschen in den Dörfern erzählt.
Ich stelle mir vor, dass die Situation ein bisschen der in Österreich in den 50er/60er Jahren ähnelt: alles kaputt und heruntergewirtschaftet, ein grauenhaftes Regime wurde aber endlich besiegt und nun packt man an, um wieder ein besseres Leben zu haben - teilweise mit Hilfe von aussen. Mein Eindruck ist jedenfalls, dass die Kambodschaner super-motiviert und lernwillig sind, und eine gewisse Aufbruchsstimmung und "Anpack" herrscht. ...und es gibt wirklich noch viel zu tun!

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