Die Stadt sollte ja Berichten nach sehr angenehm sein, und das nach all der grauenhaften jüngeren Vergangenheit: die Hauptstadt wurde ja nach der Machtübernahme durch die Roten Khmer im April 1975 innerhalb eines Tages völlig evakuiert (wie alle anderen Städte in Kambodscha auch), und hier befand sich das berüchtigte Tuol Sleng Gefängnis ("S21"), in dem 14.000 Menschen gefoltert und getötet wurden. Zwischen 1975 und 1979 hatten die Roten Khmer mit ihrem Steinzeit-Kommunismus 2 Millionen ihrer eigenen Landsleute getötet: ein Viertel der Gesamtbevölkerung! Geld, Märkte, Schulen und Krankenhäuser wurden abgeschafft, die Kambodschaner arbeiteten unter furchtbarsten Bedingungen hauptsächlich im Reisanbau, wobei der Reis exportiert wurde, um Waffen und Munition kaufen zu können, und die eigene Bevölkerung hungerte. Nach dem Einmarsch der Vietnamesen 1979 war das Land jahrelang besetzt und noch viele Jahre lang von aus dem Dschungel operierenden Roten Khmer heimgesucht, und erst in den 1990er Jahren begann die Öffnung und Besserung der Zustände - hauptsächlich durch internationale Hilfe.
Der heutige (Langzeit-)Premierminister ist ein ehemaliger Roter Khmer, und es gab nur ganz wenige Gerichtsverfahren gegen diese Verbrecher...
Ich war extrem gespannt auf dieses Land und seine Hauptstadt, die derart schlimme Zeiten erlebt haben, und das vor nicht allzu langer Zeit.
Und es sollte wirklich eindrucksvoll werden: in Phnom Penh erstmal viele positive Eindrücke: extrem freundliche und service-orientierte Menschen mit sehr gutem Englisch (und einigen anderen Fremdsprachen), alles viel sauberer und gepflegter als zB in Laos, jede Menge Restaurants, Cafés, Bars und Hotels mit westlichem Standard.
Aber auch Bettler - viele behindert oder mit amputierten Gliedmaßen, Bars mit "Mädchen für alleinreisende Männer", und es wird fast ausschließlich US-Dollar statt der eigenen Währung verwendet, sogar der ATM spuckt nur Dollars aus!
Sightseeing-mäßig hatte ich diesmal "Mut zur Lücke": einzig den Königspalast und den "Russischen Markt" hab ich mir angesehen.
Da ich immer wieder vor Banditen, die von Motorrollern aus Taschen und/oder Handys klauen, gewarnt wurde, gibt's nicht viele Fotos....
Ich habe mi dann auch lange überlegt, mir das Tuol-Sleng-Genozid-Museum (S21) und die Killing Fields in Cheoung Ek anzusehen, und dann für mich entschieden, es nicht zu tun. Aber die Fragen kreisten lange in meinem Kopf: wozu ist es gut, sich solche Folter- und Tötungsstätten anzusehen? Genießen wird man so einen Tag sicher nicht, und ist es nötig, sich diese Grausamkeiten auf so plastische Weise zu nähern, um sich ihrer besser gewahr zu werden und dadurch eine Wiederholung dieser Geschichte zu verhindern? Ich für mich glaube das nicht - ich fürchte, dass Potential zur Wiederholung überall besteht. Wen es interessiert, der sollte mal "Milgram-Experiment" und "Stanford-Prison-Experiment" googeln.
Und ohne den zahlreichen Besuchern der beiden oben genannten Sights in Phnom Penh zu nahe treten zu wollen: ich bin mir nicht sicher, ob "man" dort nicht aus folgenden zwei Gründen hingeht: 1. das muss "man machen" in Phnom Penh und 2. aus einer gewissen Schaulust heraus, deren Hintergrund möglicherweise auch das Bedürfnis ist, „sich der eigenen Unversehrtheit zu versichern, indem man das Leid anderer miterlebt.
(Das hab ich jetzt wo abgeschrieben, aber ich glaube, es ist was wahres dran).
Wie dem auch sei, ich hab mein Geld anders unter die Leute gebracht, nämlich zB im Café und Shop einer NGO, die sich um Mädchen kümmert, die als Sexsklavinnen verkauft wurden, und denen diese NGO nun eine Chance auf ein neues, besseres Leben bietet.
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